Erwerbsunfähigkeitsversicherung: Wann Sie eine brauchen und worauf Sie achten sollten

Erwerbsunfähigkeitsversicherung: Wann Sie eine brauchen und worauf Sie achten sollten

- 27. November 2021 - Blog

Mit einer Erwerbsunfähigkeitsversicherung schützen Sie sich vor dem Risiko, durch Krankheit oder Unfall die Fähigkeit zur Berufsausübung zu verlieren. Erfahren Sie, ob sich der Abschluss lohnt, welche Kosten für die Versicherung anfallen und wie sie durch die Erwerbsunfähigkeitsversicherung Steuern sparen.

Erwerbsunfähigkeitsversicherung: Was ist das? 

2 von 1000 Menschen werden vor dem 40. Lebensjahr invalide. Bis zum 60. Lebensjahr steigt das Risiko auf fast 1 Prozent (Quelle). Mit einer Erwerbsunfähigkeit bricht nicht nur ein elementarer Bestandteil des eigenen Lebens weg, sondern auch die zentrale Möglichkeit, seinen eigenen Lebensstandard zu sichern. Trotzdem ist die Erwerbungsunfähigkeit eine unterschätzte Gefahr. Die wenigsten Menschen gehen davon aus, dass sie von einer Erwerbsunfähigkeit betroffen sein könnten.

In der populären Vorstellung ist sie vor allem das Ergebnis tragischer Unfälle. In der Realität ist die grosse Mehrheit der Fälle in der Schweiz, aber auf Krankheiten zurückzuführen. An der Spitze liegen mit 37 Prozent psychische Krankheiten, die längst nicht nur körperlich anstrengende Arbeiten betreffen.

Erwerbsunfähigkeit: Reichen 1. Und 2. Säule aus?

In der Schweiz ist die Absicherung gegen Erwerbsunfähigkeit über das 3-Säulen-System organisiert, dass aus staatlicher Säule, beruflicher Vorsorge und individueller Vorsorge besteht. Im Falle einer Erwerbsunfähigkeit zahlt die staatliche Vorsorge eine Invalidenrente. Arbeitnehmer zahlen zudem in die berufliche Vorsorge ein. Den Umgang mit Invalidität regelt grundsätzlich das BVG: Demnach hat Anspruch auf Invalidenleistung, wer zu mindestens 40 Prozent invalid ist. Erst bei einer Invalidität von mindestens 70 Prozent erhalten Sie die volle Rente. Die Höhe der Rente bemisst sich an der AHV und damit an der Höhe der gezahlten Beiträge und der Dauer der Einzahlungen. Die Zahlungen bei Invalidität aus Säule 1 und 2 reichen also bei mittleren Einkommen nicht aus um den Lebensstandard zu halten.

Erwerbsunfähigkeit: Invaliditätsgrad ist entscheidend

Eine Invalidität bedeutet nicht automatisch einen vollen Rentenanspruch. Die Erwerbsunfähigkeit wird anhand des Invaliditätsgrads (IV) festgestellt.

  •     Invaliditätsgrad ab 40 % = ¼ der Rente
  •     Invaliditätsgrad ab 50 % = ½ der Rente
  •     Invaliditätsgrad ab 60 % = ¾ der Rente
  •     Invaliditätsgrad ab 70 % = Ganze Rente

Der Invaliditätsgrad bezieht sich nicht alleine auf das Mass der persönlichen Unfähigkeit zur Erwerbsarbeit, sondern aus einem Einkommensvergleich. Ausgangspunkt ist das Einkommen, das ohne Beeinträchtigung erzielt werden kann. Davon wird das Erwerbseinkommen abgezogen, das mit der Beeinträchtigung erzielt werden könnte. Dabei werden auch mögliche Wiedereingliederungsmassnahmen berücksichtigt. Ob das Einkommen wirklich erzielt wird, spielt für die Berechnung keine Rolle. Daraus ergibt sich die invaliditätsbedingte Erwerbseinbusse. Der Invaliditätsgrad ist der Anteil der Erwerbseinbusse am Referenzeinkommen.

Beispiel für die Berechnung des IV-Grads:

Herr Huber ist nach einer Depression und Angststörung nicht mehr in der Lage, seinem Job als Sozialarbeiter nachzugehen. In seiner Leitungsfunktion verdiente er vor der Krankheit 80’000 CHF / Jahr.

Bei der Berechnung des Invaliditätsgrades legt die IV-Stelle ein mögliches Einkommen von 40’000 CHF zugrunde. Der invaliditätsbedingte Einkommensverlust beträgt 40.000 CHF oder 50 Prozent des Referenzeinkommens. Herr Huber erhält damit einen IV-Grad von 50 Prozent und hat damit Anspruch auf 50 Prozent der Rente.

Wer eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung braucht

  • Arbeitnehmer: Angestellte Arbeitnehmer verfügen im Vergleich zur Arbeitslosen und Selbstständigen über die beste Basisvorsorge für die Erwerbsunfähigkeit. Neben der staatlichen Vorsorge haben sie Anspruch auf die berufliche Vorsorge, in die sie Beiträge eingezahlt haben. Aber auch die kombinierten Leistungen aus Säule 1 und Säule 2 reichen meistens nur aus, um die Existenz zu sichern – nicht, um den eigenen Lebensstandard zu halten.
  • Nicht erwerbstätige Person: Auch Menschen, die keiner Erwerbsarbeit nachgehen, profitieren von einer Versicherung, denn Sie zahlen keine Beiträge in die berufliche Vorsorge ein. Im Fall einer Erwerbsunfähigkeit sind Sie damit auf die rudimentären staatlichen Vorsorgeleistungen verwiesen, die kaum ausreichend sind, um die Lebenshaltungskosten zu decken.
  • Selbstständige: Selbstständige müssen sich grundsätzlich selbst um eine individuelle Vorsorge kümmern. Die berufliche Vorsorge fehlt. Umso wichtige ist eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung für Selbstständige, die Existenz sichert.

 

Erwerbsunfähigkeitsversicherung abschliessen: So funktioniert es

Eine Versicherung gegen Erwerbsunfähigkeit fällt unter die Lebensversicherungen. In der Schweiz haben Bürger damit zwei Möglichkeiten, sich gegen die Erwerbsunfähigkeit zu versichern.

  •     Die klassische Erwerbsunfähigkeitsversicherung versichert ausschliesslich das Risiko und beinhaltet kein Rückkaufsrecht. Sie zahlen Ihre monatlichen Beiträge und erhalten die vertraglich vereinbarte Rente im Schadensfall. Sollte eine Erwerbsunfähigkeit ausbleiben, erhalten Sie auch kein Geld.
  •     Die Risikolebensversicherung enthält einen kapitalbildenden Teil. Ein Teil Ihrer Einzahlungen wird dann am Kapitalmarkt investiert und kann eine Rendite erzielen. In der Rente.

Neben der möglichen Rendite ist die Risikolebensversicherung wegen der Möglichkeit interessant, sie in Säule 3a Ihrer Altersvorsorge zu integrieren und von den damit verbundenen Vorteilen zu profitieren.

Erwerbsunfähigkeitsversicherung in Säule 3a oder 3b abschliessen?

Die Erwerbsunfähigkeitsversicherung können Sie sowohl in der Säule 3a als auch in der Säule 3b abschliessen. In Säule 3a ist der Einzahlungsbetrag gedeckelt. Für alle Beträge über dem Maximalbetrag müssen Sie reguläre Steuern zahlen. Einzahlungen in Säule 3a können Sie bei der Steuererklärung vom Einkommen abziehen und so Steuern sparen.

Die Erwerbsunfähigkeitsversicherung in Säule 3b lässt sich steuerlich im Rahmen des Pauschalabzugs für Vorsorgeaufwendungen abziehen. Der Pauschalbetrag ist allerdings gedeckelt, sodass der positive Effekt für Menschen, die den Betrag bereits ausschöpfen, verloren geht.

Alter, Rente, Risiko: Kosten der Erwerbsunfähigkeitsversicherung

Die Kosten der Erwerbsunfähigkeit ist von drei Faktoren abhängig:

  • Höhe der Rente
    Je höher die Rente bei Eintritt der Erwerbsunfähigkeit sein soll, desto höher die zu zahlende Prämie. Die Rentenhöhe sollten Sie so wählen, dass Sie zusammen mit den Zahlungen aus Säule 1 und Säule 2 mindestens 60 Prozent Ihres Nettoeinkommens erzielen, um Ihren Lebensstandard zu halten.
  • Alter
    Je jünger, desto unwahrscheinlicher die Erwerbsunfähigkeit. Das Risiko der Versicherung sinkt. Damit sinken auch die zu zahlenden Prämien. Es lohnt sich daher meistens schon zum Berufseintritt eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung abschliessen.
  • Risiko
    Wesentlich für die Kosten der Erwerbsunfähigkeitsversicherung ist das berufliche und private Risiko, dem Sie ausgesetzt sind. Wenn Sie einen Beruf mit hohem Risiko ausüben, steigt Ihre Prämie entsprechend. Insbesondere für Berufe, in denen körperliche Leistungsfähigkeit vorausgesetzt ist, rufen Versicherungen hohe Prämien ab. Die Erwerbsunfähigkeit kann dann nicht nur durch Unfälle eintreten, sondern durch generelle körperliche Beeinträchtigungen. Im Rahmen des Abschlusses müssen Sie zudem einen Gesundheitsfragebogen ausfüllen. Vorerkrankungen können sich negativ in der Prämienhöhe bemerkbar machen.

Erwerbsunfähigkeitsversicherung: Häufig gestellte Fragen & Antworten

Muss ich für eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung gesund sein?

Ihr individuelles Risiko für eine Erwerbsunfähigkeit hängt nicht nur vom ausgeübten Beruf, sondern auch von Ihrem Gesundheitszustand ab. Daher müssen Sie in der Regel einen Fragebogen zu Ihrer Gesundheit ausfüllen, bevor Sie die Versicherung abschliessen können. Vorerkrankungen, ein ungesunder Lebensstil oder risikoreiche Hobbys treiben Ihre Prämie in die Höhe. Wer raucht und in seiner Freizeit gerne Basejumping betreibt, weist ein höheres Erwerbsunfähigkeitsrisiko auf als ein Nichtraucher, der in seiner Freizeit Tennis spielt.

Ist das Risiko für die Versicherung zu hoch, kann er Ihren Antrag ablehnen. Es gibt kein Recht auf eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung.

Wie unterscheiden sich Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit?

Arbeitsunfähigkeit bezeichnet die Unfähigkeit, eine bestimmte Arbeit im gewohnten Mass und Umfang auszuüben. Die Arbeitsunfähigkeit kann durch geistige, psychische oder körperliche Erkrankungen begründet sein. Die Arbeitsunfähigkeit bedeutet nicht automatisch, dass keine Arbeit mehr ausgeübt werden kann. So kann ein Arbeitnehmer durch Krankheit keine Tätigkeit im Stehen mehr ausführen, aber im Sitzen einer anderen Tätigkeit nachgehen. Die Erwerbsunfähigkeit bezeichnet dagegen die Unfähigkeit zur Ausübung in seinem Beruf und in anderen zumutbaren Tätigkeiten.

Lohnt sich eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung für Studenten?

Studenten gehen noch keiner Erwerbstätigkeit nach. Trotzdem ist Erwerbungsfähigkeitsversicherung für Stunden möglich und ratsam, denn junge Menschen profitieren von geringeren Prämien und einer geringeren Ablehnungswahrscheinlichkeit. Versicherungen nehmen nämlich nicht jede Person als Versicherten auf und mit fortgeschrittenem Alter steigt das Risiko einer Ablehnung. Studierende sollten allerdings darauf achten, dass der Vertrag über eine Nachversicherungsgarantie ohne erneute Gesundheitsprüfung beinhaltet. Die maximale EU-Rente für Studenten ist nämlich meistens bei einem niedrigen Betrag gedeckelt, der nicht ausreichend ist, um den Lebensstandard der Zukunft zu sichern. Mit einer Nachversicherungsgarantie haben Studierende später die Möglichkeit, Rente und Prämie zu erhöhen.

Wann erhalte ich Leistungen aus der Erwerbsunfähigkeitsversicherung?

In der Regel gibt es eine Wartezeit von 1 bis 5 Jahren, bis Sie einen Anspruch auf Leistungen bei der Erwerbsunfähigkeit erworben haben. Deshalb lohnt sich ein Abschluss zu einem frühen Zeitpunkt im Berufsleben.

Ersetzt die Unfallversicherung eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung?

Viele Arbeitnehmer denken, dass die Unfallversicherung des Arbeitgebers das Erwerbsunfähigskeitsrisko gut abdeckt. Schliesslich kommt sie nach einem Unfall für die Folgekosten auf. Allerdings gehört ein Unfall zu den unwahrscheinlichsten Gründen einer Erwerbsunfähigkeit. In 80 Prozent der Fälle in der Schweiz ist eine Krankheit der Grund für die Erwerbsunfähigkeit und nur jeder 10. Fall ist auf einen Unfall zurückzuführen. Für Krankheitsfolgen kommt die Unfallversicherung aber nicht auf. Deshalb benötigen Sie trotz Unfallversicherung eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung, wenn Sie das Ausfallrisiko vollständig abdecken wollen.