Erdbebenversicherung in der Schweiz: Wer sie braucht und was sie kostet
Jedes Jahr kommt es in der Schweiz zu Hunderten Erdbeben. Mit einer Erdbebenversicherung schützen Sie sich vor Schäden, die an Ihrem Haus oder Eigentum durch ein Erdbeben entstehen. Aber lohnt sich eine Erdbebenversicherung in der Schweiz und wenn ja, für wen? Wir erklären, wer eine Erdbebenversicherung abschliessen sollte, mit welchen Kosten Sie rechnen müssen und was es mit dem freiwilligen Fonds der Versicherer auf sich hat.
Erdbebenschäden: Zahlen Gebäude- oder Hausratversicherung?
Wenn ein Erdbeben Schäden verursacht, kommen zwei Versicherungen in Betracht. Immobilienbesitzer verfügen über eine Gebäudeversicherung. Den Hausrat schützen Mieter und Eigenheimbesitzer gleichermassen mit einer Hausratversicherung. Aber zahlen Hausrat- und Gebäudeversicherung auch bei Schäden, die durch Erdbeben verursacht worden sind?
- Gebäudeversicherung:
Als Immobilienbesitzer verfügen Sie bereits über eine Gebäudeversicherung. Die Gebäudeversicherung zahlt für Schäden am Haus – fallen darunter auch Erdbebenschäden? In der Regel lautet die Antwort: Nein. Eine Gebäudeversicherung deckt zwar Schäden durch Feuer und Elementarschäden ab, allerdings keine Erdbebenschäden. Es gibt nur eine kantonale Ausnahme: Zürich schreibt die Erdbebenversicherung als Teil der Gebäudeversicherung gesetzlich vor. Als Besitzer einer Liegenschaft in Zürich sind Sie über Ihre Gebäudeversicherung also automatisch auch gegen Erdbeben versichert. - Hausratversicherung
Mieter müssen sich um Schäden am Gebäude nicht kümmern. Aber was, wenn das Erdbeben auch Schäden am Eigentum im Innenraum anrichtet? Die Hausratversicherungen in der Schweiz zahlen dafür meistens nicht. Stattdessen bieten die Versicherer zusätzliche Bausteine an, mit der Sie Ihren Hausrat gegen Erdbebenschäden versichern.
Erdbebenversicherung: Nicht auf den freiwilligen Pool verlassen
In insgesamt 18 Kantonen haben sich die Gebäudeversicherer zusammengeschlossen und unterhalten einen Pool für die Erdbebenversicherung. Im Falle eines Erdbebens werden Opfer aus diesem Fonds entschädigt. Dafür stehen pro 2 x 2 Milliarden Franken zur Verfügung. Das geschieht allerdings auf freiwilliger Basis. Theoretisch können die Versicherer ohne Begründung die Zahlung verweigern – ein Rechtsanspruch besteht nicht.
Gleichzeitig knüpft der Fonds die Auszahlung an strenge Bedingungen:
- Erdbebenschäden sind erst ab einer Stärke von VII erstattungsfähig
- Der Selbstbehalt liegt mindestens bei 50.000 CHF
- Die Versicherer behalten sich bei hohen Schadenssummen eine Obergrenze der Auszahlung vor
In allen anderen Kantonen gibt es keinen vergleichbaren Fonds. Hier sind Eigentümer also gänzlich auf sich gestellt, wenn es um Schäden durch Erdbeben geht.
Lohnt sich die Erdbebenversicherung in der Schweiz?
Um zu beurteilen, ob sich eine Erdbebenversicherung lohnt, spielen zwei Fragen eine Rolle:
- Wie hoch ist der Schaden im Katastrophenfall?
- Wie wahrscheinlich ist ein Schaden?
Schäden an Gebäuden treten ab einer Stärke von 5 regelmässig auf. In der Schweiz gibt es jedes Jahr bis zu 1500 Erdbeben. Das, laut Schweizer Erdbebendienst, moderate Risiko müssen Sie allerdings gegen die möglichen finanziellen Schäden abwägen – und diese liegen in der Schweiz verhältnismässig hoch. Für den Hausrat liegt die Wahrscheinlichkeit geringer. Ausser im absoluten Katastrophenfall ist die Wahrscheinlichkeit eines sehr hohen Schadens gering.
Das sind allerdings nur Durchschnittswerte, die regional und lokal schwanken. Um ihr individuelles Erdbebenrisiko abzuschätzen, sollten zusätzlich auch das Haus und die Umgebung in den Blick nehmen:
- Bausubstanz:
Alter und Bauart des Gebäudes spielen eine grosse Rolle bei der Erdbebenfestigkeit. Sehr alte Häuser tragen eher Schäden davon als moderne Neubauten. - Untergrund:
Je fester ein Untergrund, desto geringer das Risiko für einstürzende Gebäude oder Risse in der Fassade.
Der Schweizer Erdbebendienst hat ein Online-Tool entwickelt, um die Gefahr einzuschätzen. Geben Sie Ihre Adresse an, um eine erste Einschätzung des Risikos zu erhalten. Gibt es Anhaltspunkte für ein erhöhtes Risiko, lohnt sich unter Umständen der Gang zum Bauingenieur, der eine professionelle Prüfung durchführt.
Erdbebenversicherung: Mit diesen Kosten müssen Sie rechnen
Die Prämienhöhe der Erdbebenversicherung ist von verschiedenen Faktoren abhängig:
- Gebäudewert
- Baujahr
- Standort des Gebäudes (Untergrund, lokales Risiko)
- Kanton
- Versicherungsbedingungen (Selbstbehalt, Deckungssumme)
Üblich sind Prämien von 200 – 600 CHF für ein Massivhaus aus den 1980ern mit einem Wert von 750.000 CHF.
Um nicht zu viel für Ihre Erdbebenversicherung zu bezahlen, sollten Sie Angebote vergleichen. Beachten Sie dabei unterschiedliche Versicherungsbedingungen, die für höhere oder niedrigere Prämien verantwortlich sein könnten. Im Rahmen unserer Beratung helfen wir Ihnen gerne, den richtigen Versicherer für Sie zu finden.
Erdbebenversicherung abschliessen: Darauf müssen Sie achten
Bei der Auswahl der Erdbebenversicherung steht Ihnen ein grosser Markt mit verschiedenen Angeboten offen. Um das richtige Produkt für Ihre Situation zu finden, sollten Sie die folgenden Punkte bei der Wahl der Erdbebenversicherung berücksichtigen.
- Möglichkeit einer Zusatzversicherung prüfen
Als Besitzer einer Liegenschaft verfügen Sie bereits über eine Gebäudeversicherung. In der Regel bietet Ihr Versicherer Ihnen ein Zusatzpaket an, um sich gegen Erdbeben abzusichern. Das ist in vielen Fällen günstiger, als eine eigenständige Erdbebenversicherung abzuschliessen. Dasselbe gilt für Hausratversicherte. Wenn Sie ihren Hausrat gegen Erdbeben versichern wollen, fragen Sie Ihren Versicherer nach einem entsprechenden Zusatzbaustein. - Versicherungssumme festlegen
Damit Sie weder über- noch unterversichert sind, sollte die Versicherungssumme dem Gebäudeversicherungswert entsprechen. - Zusätzliche Sachwerte schützen
Beim Schutz vor Erdbeben vergessen viele oft Anlagen und Eigentum, das nicht zum Hausrat oder dem Gebäude gehört. Dazu gehören zum Beispiel Swimmingpool, Wege zum Haus oder Garage. Informieren Sie sich vor Abschluss, inwieweit diese Sachwerte durch die Versicherung abgedeckt sind. - Höhe des Selbstbehalts
Je höher der Selbstbehalt, desto niedriger die Prämie. Das heisst allerdings nicht, dass Sie einen möglichst hohen Selbstbehalt wählen sollten. Gerade bei Schäden am Gebäude ist die Wahrscheinlichkeit hoch, diese Summe im Schadensfall auszureizen. Überprüfen Sie, welche Summe sie im Ernstfall verkraften können. - Obergrenzen bei der Schadensdeckung
Viele Versicherer begrenzen die Höhe des versicherten Schadens. Bei starken Erdbeben werden diese Obergrenzen unter Umständen schneller erreicht, als Sie glauben. Achten Sie darauf, dass die Obergrenze so hoch ist, dass sie auch im absoluten Ernstfall gut versichert sind. - Bebenstärke
Besonders günstige Erdbebenversicherungen zahlen oft erst ab einer hohen Erdbebenstärke. Schäden am Gebäude treten bereits ab einer Stärke von V auf. Achten Sie also darauf, dass Ihre Versicherung Erdbeben Ihrem Risiko entsprechend abdeckt. - Verhältnis zu freiwilligen Zahlungen
Einige Versicherer zahlen nur ergänzend zu den freiwilligen Zahlungen aus dem Notfallfonds. Weil die Auszahlungen aus dem Pool im Zweifel sehr lange dauern, leben Sie im Schadensfall längere Zeit in Unsicherheit. - Welche Kosten werden übernommen?
Eine Naturkatastrophe wie ein Erdbeben kommt mit Kosten, die über den unmittelbaren Schaden hinausgehen. Sie brauchen unter Umständen eine Ersatzunterkunft, können nicht zur Arbeit gehen oder Ihre Immobilie nicht weitervermieten. Einige Erdbebenversicherungen kommen für diese Kosten nicht auf.
Zwischen 600 und 800 Erdbeben gibt es jedes Jahr in der Schweiz. Das ist im Durchschnitt mehr als ein Erdbeben pro Tag. Die meisten dieser Erdbeben sind allerdings schwach und haben nicht das Potenzial, grosse Schäden zu verursachen. Erst ab einer Stärke V werden Erdbeben für Gebäude und Eigentum gefährlich. Die Chance für ein solches Erdbeben beträgt etwa 1 % pro Jahr.
Ohne zusätzliche Erdbebenversicherung sind Schweizer im Fall eines Erdbebens weitgehend auf sich gestellt. In einem Bericht des Schweizer Rundfunks äusserste sich Bruno Spicher kritisch gegenüber dem Erdbebenschutz in der Schweiz. Der Präsident der nationalen Plattform Naturgefahren wies auf unklare Verantwortlichkeiten zwischen Bund, Kanton und Gemeinde und unklare Entschädigungsregelungen hin.
Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Gruppen, die von einer Erdbebenversicherung profitieren können:
- Immobilienbesitzer: Abhängig vom Erdbebenrisiko am Standort ist eine Erdbebenversicherung für Besitzer von Immobilien sinnvoll. Im Durchschnitt beträgt die Chance für ein Erdbeben jeden Tag 1 %. Das Risiko ist aber nicht nur von der Region, sondern auch von der individuellen Lage und dem Zustand der Immobilie abhängig.
Mieter: Eine Erdbebenversicherung als Zusatz zur Hausratversicherung lohnt sich, wenn der Wert Ihres Hausrats entsprechend hoch ist. Ansonsten zahlen Sie den eventuellen Schaden besser aus eigenen Taschen und bilden dafür entsprechende Rücklagen.
Nein. In den allermeisten Fällen zahlen weder Gebäudeversicherung noch Hausratversicherung für durch Erdbeben verursachte Schäden. Eine Ausnahme ist der Kanton Zürich: Hier sind die Gebäudeversicherer verpflichtet, Erdbeben mitzuversichern.
Auch Eigentümer im Kanton Baselland haben Glück. Seit 2014 hat die Basellandschaftliche Kantonalbank hier eine Erdbebenversicherung eingeführt. Schließen Sie dort Ihre Hyptohek ab, sind Sie automatisch gegen Erdbeben versichert.
Dabei wählen Sie zwischen zwei Optionen:
- Kostenlose Erdbebenversicherung mit Selbstbehalt von 7,5 % des Gebäudeversicherungswerts und mindestens 25000 CHF
- Reduktion des Selbstbehalts auf 2 % und 10000 – 4000 CHF gegen eine jährliche Gebühr von ca. 100 CHF im Jahr. Die genaue Prämie hängt vom Gebäudeversicherungswert ab.