Steuerpflichtig in der Schweiz: Lebensmittelpunkt entscheidet über Steuer

Steuerpflichtig in der Schweiz: Lebensmittelpunkt entscheidet über Steuer

- 29. März 2022 - Blog

Wo ist man steuerpflichtig? Diese Frage entscheidet massgeblich über die individuelle Steuerbelastung und damit für alle Menschen im erwerbsfähigen Alter relevant. Lange Aufhalte im Ausland, Zweitwohnsitze oder Liegenschaften machen die Frage nach der Steuerpflicht schnell kompliziert. Wir erklären, worauf es bei der Steuerpflicht ankommt und unter welchen Umständen Sie in der Schweiz steuerpflichtig sind. 

Steuerpflicht: Lebensmittelpunkt entscheidend

Die Steuerpflicht in der Schweiz richtet sich nach dem steuerlichen Wohnsitz. Unbeschränkt steuerpflichtig sind alle natürlichen Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren steuerrechtlichen Aufenthalt in der Schweiz haben. Unter den Begriff des steuerrechtlichen Aufenthalts fallen Personen, die mindestens 30 Tage in der Schweiz erwerbstätig sind oder mindestens 90 Tage erwerbslos sind. Ein steuerrechtlicher Aufenthalt liegt nur dann vor, wenn eine Niederlassungsbewilligung vorhanden ist. 

Aber nicht immer gibt es nur einen einzigen Wohnsitz: Lebt eine Person abwechselnd an verschiedenen Orten, ist der Lebensmittelpunkt entscheidend für die Bestimmung des steuerrechtlichen Wohnsitzes. Der Lebensmittelpunkt ist der Ort, zu dem die stärksten Beziehungen bestehen. Entscheidend sind alle äusseren Umstände, an denen sich die persönlichen und wirtschaftlichen Interessen einer Person erkennen lassen.  Die reine Erklärung des Lebensmittelpunktes reicht also nicht aus – vielmehr müssen materielle Gründe den Lebensmittelpunkt belegen. 

  • Arbeitsort: Nach einem Urteil des Schweizer Bundesgerichts nimmt die Steuerbehörde grundsätzlich eine Übereinstimmung des Lebensmittelpunktes mit dem Arbeitsort an. 
  • Aufenthaltsdauer: Halten Sie sich länger als 183 Tage im Jahr in einem Land auf, sind Sie in jedem Fall dort steuerpflichtig. Umgekehrt gilt allerdings nicht, dass Sie in der Schweiz steuerpflichtig bleiben, solange Sie nur mindestens 183 Tage sich im Land aufhalten. Die Gesamtheit der Gründe ist entscheidend. Vorübergehende Aufenthalte im Ausland bleiben in der Regel ohne steuerliche Folgen. Vorübergehend ist der Aufenthalt, wenn er kürzer als zwei Jahre ist. Diese Einstufung ist unabhängig von der Abmeldung im Steuerregister.
  • Familiäre Bindungen: Ein starkes Indiz für den Lebensmittelpunkt ist der Aufenthaltsort der Familie, des Ehepartners oder der eigenen Kinder.
  • Kulturelle Bindungen: Auch lokale Beziehungen wie das Engagement in einem Verein kann ein Kriterium für den Lebensmittelpunkt sein

Beschränkte Steuerpflicht: Wochenaufhalter, Liegenschaften und Gesellschaften

Personen ohne steuerlichen Wohnsitz in der Schweiz sind in vielen Fällen beschränkt steuerpflichtig. Die beschränkte Steuerpflicht betrifft jeweils nur das Einkommen, das tatsächlich in der Schweiz erzielt wird und nicht das gesamte erwirtschaftete Vermögen. 

Wochenaufhalter

Wochenaufhalter wohnen unter der Woche am Arbeitsort, haben ihren eigentlichen Lebensmittelpunkt aber im Ausland. Da die Schweizer Kantone haben weitreichende Kompetenzen in der Gestaltung der Steuerordnungen besitzen und jeder Kanton über ein eigenes Steuergesetz verfügt, kann sich der Status durch eine niedrige Steuerbelastung finanziell bemerkbar machen. Die Behörden zweifeln den Status allerdings häufig an. Bei alleinstehenden Personen in die Nähe zum Arbeitsort das wichtigste Kriterium bei der Feststellung des Lebensmittelpunkts. Wer den Status trotzdem geltend machen will, muss familiäre und andere enge persönliche Beziehungen am Lebensort nachweisen. 

Liegenschaften und Betriebsstätten

Bei Liegenschaften und Gesellschaften ist der Ort des Grundstücks oder der Betriebsstätte ausschlaggebend für die Steuerpflicht. Ausländer, die eine Liegenschaft in der Schweiz besitzen oder eine Betriebsstätte betreiben, müssen für diese Güter Steuern zahlen. Ein Unternehmen mit mehreren Betriebsstätten ist dann zwar in zwei Ländern steuerpflichtig, zahlt aber trotzdem nur einmal Steuern für alle wirtschaftlichen Aktivitäten. 

Steuerpflicht in der Schweiz: Ausnahmeregelungen

Die Steuerpflicht in der Schweiz betrifft grundsätzlich jeden Menschen, der ein Einkommen in der Schweiz erzielt. Für einige Gruppen gibt allerdings besondere Regelungen zur Steuerpflicht:

  • Eheleute: Das Einkommen von Ehepaaren wird gemeinsam betrachtet – dafür wird der steuerlich günstigere Tarif für Verheiratete angewandt. Die Scheidung führt zu Auftrennung der Güter beider Parteien.
  • Witwen: Wenn der Ehepartner verstirbt, müssen im selben Jahr zwei Steuererklärungen ausgefüllt werden – eine für die Rechtsgemeinschaft der Ehe und eine für die darauffolgende Zeit als Witwe oder Witwer. Erben haften für Steuerschulden der Eltern und sind verpflichtet, die Steuererklärung stellvertretend abzugeben.
  • Minderjährige: Erzielen Kinder ein Einkommen, wird dieses getrennt vom Einkommen der Eltern versteuert. Nur Vermögen des Kindes wird zum Vermögen der Eltern gerechnet. Mit dem Erreichen der Volljährigkeit besteht die Pflicht zum Abgeben einer Steuererklärung – auch wenn noch kein Erwerbseinkommen erzielt wird.